Im Jahr 1819 – nach Napoleons endgültiger Niederlage und dem Wiener Kongress war das Eichsfeld preußisch geworden – erwarb der Schriftsetzer Johann Friedrich Cordier die Druckerei Dölle von der verwitweten Inhaberin. Seit dem genialen Gutenberg hatte sich technisch nicht viel geändert, und so müssen wir uns die „Offizin“ als traditionellen Handwerksbetrieb mit etwa einem Dutzend Setzer, Drucker und Gehilfen vorstellen. Neben die Herstellung verschiedener Drucksachen für den regionalen Bedarf trat schon bald die eigene verlegerische Tätigkeit.
Vom Erfolg der Geschäfte und dem Geschmack der Zeit zeugt die geschmückte Fassade des Firmensitzes in der Neustädter Kirchgasse um das Jahr 1900. Der geschäftliche Aufschwung von Buchdruckerei und Verlag F. W. Cordier erforderte neue Technik und eine Ausweitung der Produktionskapazitäten. Ein moderner Druckereibau und sowie neue Maschinen- und Antriebstechnik erfüllten diesen Bedarf am Anfang des 20. Jahrhunderts.
Über 40 Schriftsetzer, Drucker, Buchbinder und Hilfskräfte waren mit der „Schwarzen Kunst“ beschäftigt. Eine schnelle Rotationsdruckmaschine ermöglichte die Herstellung von mehreren Tages- und Wochenzeitungen. Der Bleisatz war das übliche Verfahren zur Herstellung der Druckformen. Während die Seiten aus Schrift, Bildern und Blindmaterial noch manuell komplettiert wurden, setzte man längere Texte bereits mit mechanischen Setzmaschinen.
Erster Weltkrieg, „20er Jahre“, Weltwirtschaftskrise, Nazi-Herrschaft und Zweiter Weltkrieg sowie die anschließende SED-Diktatur in der DDR – die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüche des 20. Jahrhunderts hinterließen tiefe Spuren in der Geschichte des Unternehmens. Viele Jahrzehnte waren Verlag und Druckerei für zahlreiche Kunden aus Wirtschaft, Verwaltung und Kirche ein gefragter Dienstleister.
Wie zahlreiche andere private Unternehmen in der DDR wurde auch die Firma Cordier 1972 zwangsweise verstaatlicht. Während der Verlag sich an den kircheneigenen Leipziger St. Benno-Verlag anschloss, firmierte die Druckerei als VOB Eichsfelddruck im Eigentum der DDR-CDU.
Nach der deutschen Wiedervereinigung infolge der friedlichen Revolution in der DDR gelang mit der Reprivatisierung 1991 ein Neustart. (Fortsetzung folgt…)